Ungerechtigkeit am Strommarkt: Große Unternehmen werden von den Netzkosten befreit

Eine der Ursachen der Strompreiserhöhungen im aktuellen Jahr ist eine neu eingeführte Industrieumlage bei den Netzgebühren. Diese Umlage wurde erforderlich, da nach einer Entscheidung der Bundesregierung Konzerne eine Befreiung von den Netzentgelten beantragen können, sobald sie mindestens zehn Gigawattstunden Strom innerhalb eines Jahres verbrauchen. Während die Bundesregierung ursprünglich vermutete, dass etwa 150 Unternehmen einen entsprechenden Antrag stellen würden, haben tatsächlich innerhalb kurzer Zeit 250 Konzerne die erfolgreich die Befreiung von den Netzkosten beantragt. Da die Netzbetreiber nicht auf Einnahmen verzichten können, müssen private Haushalte ebenso wie alle nicht unter die Befreiungsmöglichkeit fallende Unternehmen die Kosten der Maßnahme tragen. Die Umlage erhöht die Stromkosten zwar nur um 0,15 bis 0,2 Cent je verbrauchter Kilowattstunde, sie stößt jedoch angesichts zahlreicher Belastungen der Stromkunden auf Verärgerung.

Der Stromkunde zahlt in Deutschland die Netzrechnung nicht direkt an den Stromnetzbetreiber, sondern leistet seinen Anteil an den Netzkosten durch die Begleichung der vom Versorger zugeschickten Stromrechnung, wobei dieser die Netzkosten einpreist und zu Informationszwecken gesondert angibt. Wenn Lieferanten die neue Industrieumlage nicht oder erst verspätet in den Strompreis einrechnen, tragen sie die Kosten selbst. Dieser Effekt tritt bei den meisten mit einer Preisgarantie verbundenen Stromlieferverträgen ein, da die Lieferanten sich zwar zusätzliche Steuern ebenso wie eine Veränderung der EEG-Umlage als Ausnahmegründe für eine Preisanpassung trotz der Garantie vorbehalten haben, weitere Umlagen aber nicht unter die Ausschlussklausel fallen. In jedem Fall werden auch Kunden mit einer Preisgarantie im Stromliefervertrag die Umlage nach dem Ablauf der Garantiefrist zahlen; lediglich die Energieversorgung Wangerland hat als einziges Unternehmen erklärt, die Mehrkosten aus dem eingeplanten Gewinn zahlen zu wollen. Die begünstigten Großkonzerne halten ihre Befreiung von den Netzentgelten für gerechtfertigt. Sie behaupten, durch die hohe und regelmäßige Nachfrage nach Energie zur Netzstabilität beizutragen. Dieses Argument ist für Verbraucherverbände nicht nachvollziehbar, diese fordern eine Rücknahme der Befreiung großer Konzerne von den Stromnetz-Entgelten.