Sozialtarife in der Stromversorgung

Bei jeder sich abzeichnenden Strompreiserhöhung fordern einige Politiker Sozialtarife. Tatsächlich kann die Politik vergünstigte Strompreise für ärmere Bevölkerungsschichten in der Grundversorgung durchsetzen, zumal an allen großen Energieversorgern auch Kommunen beteiligt sind, während örtliche Stadtwerke zumeist als Eigenbetrieb einer Stadt oder einer Gemeinde geführt werden. Zudem steht es jedem Stromlieferanten frei, bei Wahltarifen besondere Vergünstigungen für von ihm definierte Kundengruppen einzuführen. Die Möglichkeit zum Angebot besonderer Stromtarife für Arbeitslose, Studenten, Rentner oder andere über ein geringes Einkommen verfügende Bevölkerungsgruppen besteht bereits, sie wird aber von extrem wenigen Versorgern genutzt. Möglicherweise erscheinen Sondertarife ihnen als nicht werbewirksam genug, obgleich ihre Einführung den Bekanntheitsgrad eines Stromversorgers durch eine umfassende Berichterstattung in der Presse schlagartig erhöhen würde.

Auch wenn die Forderungen nach Sozialtarifen durch die Politik als populistisch einzustufen sind, verwundert ihre geringe Verbreitung dennoch. Einige wenige Gesellschaften wie E.ON bieten innerhalb ihres Grundversorgungsgebietes freiwillig Sozialtarife an, während bundesweite Angebote nicht bekannt sind. Es trifft zu, dass der Staat Stromversorgern keinen Ausgleich zahlt, wenn diese Sozialtarife anbieten. Ein zwingendes Argument gegen das Angebot vergünstigter Stromtarife für einkommensschwache Bevölkerungsschichten lässt sich daraus aber nicht ableiten. Ein Kinobetreiber erhält ebenfalls keine staatliche Rückvergütung, wenn er Rentnern, Arbeitslosen und Studierenden einen Teil des Eintrittspreises erlässt. Dennoch bieten viele Kinos entsprechende Ermäßigungen an, auch um die entsprechenden Personenkreise als Kunden zu gewinnen. Ist es nicht ebenfalls wahrscheinlich, dass ein Stromversorger, welcher bundesweit Sozialtarife anbietet, dank seiner Tarifgestaltung den Kundenkreis enorm erweitern wird? Er erhält zusätzlich zu einem verbesserten Image kostenlose Werbung, da sowohl Blogger als auch Presseorgane über die Einführung sozialer Stromtarife umfassend informieren werden.

Die flächendeckende Einführung von Sozialtarifen für die Stromlieferung erfolgt, sobald Versorger das mit den entsprechenden Sondertarifen verbundene Kundenpotential als gewinnbringend erkennen. Die Politik kann Haushalte jedoch sofort entlasten, indem sie pro Verbraucher und Jahr den absoluten Mindestbedarf von eintausend Kilowattstunden mit dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz belegt und die Stromsteuer für dieselbe Strommenge reduziert.

EEG – Verbraucher zahlen und Stromproduzenten sparen

Die EEG-Umlage steigt ab dem Kalenderjahr 2013 auf mehr als fünf Cent je Kilowattstunde. Mit der Umlage beteiligen sich alle Verbraucher an den Kosten für den Aufbau von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Die dezentrale Energieerzeugung ist ebenso wie die Stromgewinnung aus erneuerbaren Energieträgern sinnvoll und angesichts der Endlichkeit fossiler Energieträger sowie auf Grund des Ausstieges aus der Atomenergie unerlässlich. Zu hinterfragen ist jedoch die Tatsache, dass Verbraucher die Kosten für die Errichtung von Energieerzeugungsanlagen alleine tragen, während große Stromerzeuger sparen.

Einen großen Teil der sich besonders stark auf die Höhe der EEG-Umlage auswirkenden Solarstromanlagen haben Privatpersonen auf den Dächern ihrer Einfamilienhäuser errichtet. Weitere Anlagen wurden von Unternehmen und Landwirten aufgebaut. Die Errichtung der Anlagen zur Energieerzeugung durch Privatpersonen, Landwirte und kleinere Unternehmen führt zu erheblichen Einsparungen der großen Energieunternehmen. Diese zahlen zwar hohe Preise für die gesetzlich vorgeschriebene Abnahme des erzeugten Ökostromes, erhalten ihre Mehrkosten aber über die EEG-Umlage erstattet. Da der Gesetzgeber die Abschaltung der Atomkraftwerke verbindlich beschlossen hat und die Stromproduktion durch herkömmliche Anlagen auf Grund der Bestimmungen zur Luftreinhaltung ebenfalls sinken muss, sind eigentlich die großen Stromerzeuger zum Bau eigener Anlagen zur Produktion von Ökostrom verpflichtet. Dieser Verpflichtung können sie sich zu einem großen Teil entziehen, da zahlreiche dezentrale Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien errichtet werden.

Während die Höhe der EEG-Umlage in den Medien thematisiert wird, erwähnen nur wenige Artikel die Einsparungen der großen Energieerzeuger auf Grund der Bestimmungen des Erneuerbare-Energie-Gesetzes. Tatsächlich wirken sich die verringerten Kosten der Stromkonzerne für den Bau der Ökostrom-Erzeugungsanlagen langfristig positiv auf ihr Geschäftsergebnis aus, da nicht sie, sondern die zahlreichen Eigentümer der dezentralen Anlagen die anfallenden Abschreibungen durchführen und deren Wertverlust zu tragen haben. Vollständig aus dem Bau moderner Anlagen zur Erzeugung von Ökostrom haben sich die großen Stromkonzerne selbstverständlich nicht zurückgezogen, einige Windparks und andere Anlage errichten sie ebenfalls.

Tarife mit automatischer Ablesung und monatlicher Abrechnung

Der technische Fortschritt ermöglicht den Einbau von Stromzählern mit Fernablesung. Langfristig ist mit dem Auswechseln aller bisherigen Stromzähler durch fernablesbare Zähler zu rechnen, zurzeit werden die besonderen Verbrauchsmessgeräte nur auf Wunsch des Kunden eingebaut, wenn dieser einen Sondervertrag abschließt. Moderne Zähler ermöglichen sowohl die zeitabhängige Berechnung als auch die monatliche Abrechnung des Stromverbrauches; diese ist üblicherweise ein kostenloser Bestandteil der entsprechenden Tarife.

Viele Verbraucher betrachten die Bezahlung des tatsächlichen Stromverbrauches anstelle einer monatlichen Abschlagszahlung und der jährlichen Abrechnung als eine besonders faire Form der Begleichung ihrer Energiekosten. Eine Zwischenabrechnung ist auf Wunsch des Kunden zwar auch in anderen Tarifen grundsätzlich möglich; allerdings darf der Versorger für diese Dienstleistung zusätzliche Entgelte berechnen, während sie bei Tarifen mit automatischer Fernablesung zu den integrierten Vertragsleistungen gehört. Wenn exakt der monatliche Verbrauch abgerechnet wird, gewährt der Kunde weder dem Versorger einen zinslosen Kredit durch überhöhte Abschlagszahlungen noch droht ihm eine hohe Nachzahlung infolge der Jahresrechnung. Bei der Lieferung von Haushaltsstrom ist die exakte Abrechnung des monatlichen Verbrauches sinnvoll, zumal die Schwankung im Verbrauch zwischen den Wintermonaten und der Sommerzeit gering ausfällt. Der geringfügige Mehrverbrauch im Winter entsteht nur teilweise durch den größeren Bedarf an Kunstlicht, sondern vorwiegend dadurch, dass sich die meisten Menschen während der dunklen Jahreszeit häufiger als im Sommer in ihrer Wohnung aufhalten.

Einige Stromversorger bieten die Fernablesung des Stromzählers sowie die monatliche Abrechnung auch in Verbindung mit einer Nachtspeicherheizung an. Diese Variante ist Verbrauchern nur bedingt zu empfehlen, da die Unterschiede der monatlichen Stromrechnung sehr groß ausfallen, wenn der Strom auch zum Beheizen der Wohnung verwendet wird. Der Kunde zahlt bei einer monatlichen Abrechnung zwar insgesamt nicht mehr für seinen Stromverbrauch als bei traditionellen Abschlägen, er muss aber in der Heizperiode sehr hohe Kosten tragen, während bei traditionellen Stromabschlägen die Heizkosten auf das gesamte Lieferjahr verteilt sind.